(Oder wie man vom Gringo-Frischling zum Safado wird)
Kapitel 1 - Adriella
Manchmal frage ich mich wo ich hier mit meinen 46 Lenzen eigentlich gelandet bin .. ja ich weiss, ich bin in Brasilien, auf dem Lande, eine Kleinstadt mitten im Nirwana, geografisch gesehen. Aber was sind das für Menschen? Vor allem die Frauen .. es war mir ja schon fast unmöglich die Frauen in meinem Land zu verstehen, geschweige denn hier!
Nun stehe ich da, mitten in Brasilien, zwei Herzen gebrochen (zumindest äusserlich), eine Weitere spricht kein Wort mehr mit mir, die Dritte hängt wie eine Klette an meinem Bein, Telefonanrufe mitten in der Nacht (zur Kontrolle ob ich auch wirklich zu Hause bin), die Vierte würde gerne, traut sich aber nicht und eine Weitere hat bereits aufgegeben (habe sie gestern mit einem anderen Kerl gesehen).
Intrigen, Tränen, Drohungen, Neid, Eifersucht .. die ganze Palette, hautnah. Ist Brasilen in Bezug auf Frauen einfach nur ein grosser Kindergarten?????
Aber ich sollte eigentlich von vorne anfangen...
Alles fing damit an dass vor 3 Jahren mein Treuhänder und Freund Hansjörg meinte ich solle doch mal mitkommen, nach Brasilen. Alles sei dort toll. Das Land, die Menschen, die Frauen .. Ich dachte, Brasilien? Da war ich noch nie .. warum nicht? Kann ja nicht schaden mal was Neues auszuprobieren. Und mit meinem Englisch komme ich schiesslich überall durch ...
Das Ticket war schnell gekauft und drei Wochen später stand der frisch gebackene Gringo mitten in Brasilien, geografisch gesehen. 2 Stunden später wusste ich, dass ich mit meinem Englisch keinen Meter weit komme.
Die Erste die mich anplapperte war die Köchin auf der Pousada von Hansjörg. Sie hatte ja ein nettes Gesicht, aber meine Güte, dieser Arsch ...!
Ein leicht verzerrtes Grinsen meinerseits ermutigte sie noch weiter zu plappern. Wie war das nochmals? "Wenn Du etwas nicht verstehst, einfach nur lächeln und Däumchen hoch" meinte Hansjörg noch im Flugzeug. Also setzte ich mein nettestes Lächeln auf, ballte die Faust und streckte den Daumen in die Höhe.
Und siehe da, es hat geklappt! Sie faselte etwas von "tu" und "bo" oder so, lächelte zurück und zog weiter. Puuhh .. das war geschafft. Nun erst mal Zimmer beziehen und den Arsch verdauen.
Der nächste Tag verlief ruhig. Ein kleiner See zum Baden, viel Sonne, Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 40, ein Buch, ein Pärchen Papageien flog über den See .. die Ruhe hatte mich erfasst.
Am Abend dann trudelte eine Gruppe Frauen, 4 um genau zu sein, auf der Pousada ein. Zuerst sah ich nur die Eine und der Schock sass tief! Ich hab ja nichts gegen dicke Frauen, aber bitte dann nicht mit hautengen Kleidern! Meine Güte .. Nunja, der Blick auf die drei Anderen hat den Schock etwas gemildert.
"Das sind Piranhas" raunte mir Hansjörg zu. Piranhas? Beissen die? Eine kurze Aufklärung von Hansjörg schaffte Klarheit. Piranhas werden hier die Frauen genannt, welche sich zwar nicht direkt Prostituierte nennen aber gegen ein kleines Geschenk in Form von Bargeld, Handy, Uhren, Schmuck, etc. jegliche Liebe schenken die ein Mann sich erdenken kann.
Soweit so gut, aber was nun? Die plapperten genau gleich wie die Köchin. Däumchen hoch und lächeln? Das könnte missverstanden werden. Man(n) muss ja nicht gleich das erst Beste nehmen. Erst mal schauen was es da sonst noch hat.
Nach einigen Versuchen mich mit Händen und Füssen zu verständigen musste ich einsehen, dass die zwar gerne lachend ihre schneeweissen Zähne zeigten, jedoch hauptsächlich wegen mir. Oder besser gesagt, über mich. Vermutlich hatte meine Art mich zu verständigen mehr etwas von einem Clown. Und die eindeutigen Gesten und Bewegungen von den Damen verrieten mir auch was sie wirklich wollten.
"Die kannst Du alle gleichzeitig haben" meinte Hansjörg. "Aber mehr als 30 Reais pro Frau würde ich nicht bezahlen". Danke Hansjörg, aber für so viel Action war mir der Tag zu schade. Ausserdem war ich noch immer groggy von der Reise. Ich ging zu Bett, alleine.
Die nächsten Tage verliefen ruhig. Hansjörg hatte eine Englischlehrerin organisiert. Nicht dass ich mein Englisch verbessern wollte, aber sie konnte mir zumindest einige Brocken Portugiesisch beibringen und die Erklärungen dazu auf Englisch liefern. Zumindest die einfachsten Sätze. Jedoch begann sich auch dies etwas schwierig zu gestalten .. nicht weil ich Begriffsstutzig im Portugisisch bin sondern wegen ihrem Englisch. Bei uns würde man sie zuerst mal die Lektionen für "English for beginners" beenden lassen. Ich begann zu verstehen warum hier keiner Englisch spricht. Wie denn, wenn nicht mal die Lehrer richtig Englisch können ...
Langsam wurde es mir dann etwas zu ruhig für meinen Geschmack. Nur Sonne, lesen und Papageien.. Das kann's ja nicht gewesen sein? "Komm, wir gehen in die Stadt" meinte Hansjörg eines Abends. Stadt .. klingt gut! Klingt nach Menschen, Action, Frauen .. Eine kurze Dusche, ein frisches Hemd und dann ab in den Pickup und zur Stadt!
Mitten in der Stadt, ein grosser Platz, dröhnende Musik, Plastik-Tische, Plastik-Stühle .. ich war fasziniert.. Menschen tanzten auf der Strasse .. einzeln, zu Zweit, Männlein mit Weiblein, Weiblein mit Weiblein .. hier war was los! .. und jede Menge Frauen! Eine hübscher als die Andere. Yep, hier war ich richtig.
Wir setzten uns an einen der Plastik-Tische und Hansjörg bestellte Bier. Jetzt bin ich ja nicht wirklich der Biertrinker .. aber hier tranken alle Bier, also schloss ich mich an.
Nur .. warum starrten mich alle diese Leute so an? Ist mein Hosenschlitz offen? Nein, ist zu. Hemd schmutzig? Nö, ist frisch. Nach einigen Minuten fiel es mir auf .. "Hansjörg, wie viele Ausländer gibt es hier eigentlich in der Stadt?" ... "Zwei" meinte er "Du und ich".
Der Abend verlief nicht ganz wie erwartet. Die zwei, drei Brocken Portugiesisch waren auch nicht sehr hilfreich. „Estou com fome“ (Ich habe hunger) .. „Eu quero comer“ (Ich möchte essen) .. was sollte ich denn damit anfangen? Die Doppelbedeutung war mir damals noch nicht bekannt und ich hatte somit auch keine Ahnung warum die Frauen nach einem „come eu, come eu“ so herzhaft darüber lachten. Nun muss man wissen, dass „comer“ (essen) nicht nur für Esswaren verwendet wird sondern auch für die schönste Nebensache der Welt. Somit war ein „come eu“ (iss mich) schon witzig, nur verstand ich es leider nicht und schaute recht dumm aus der Wäsche.
Wieder einmal ging ich alleine schlafen. So konnte es nicht weiter gehen. Tags darauf besorgte ich mir einen Dictionario (Wörterbuch). Das war zwar etwas umständlich aber zumindest konnte ich mich einigermassen verständlich machen.
Und dann kam der entscheidende Freitag ..
Der Tag fing eigentlich ganz harmlos an .. Baden, Sonne, Lichtschutzfaktor 40, Papageien .. am späten Nachmittag trudelten wieder ein paar Leute ein. Die zwei Frauen in der Ecke waren mir zunächst gar nicht aufgefallen. Plötzlich kam Hansjörg zu mir rüber. „Hey, siehst Du die zwei dort am Tisch? Sie haben mich gebeten Dich an ihren Tisch zu rufen“.
„Piranhas?“ fragte ich. „Keine Ahnung, kenne sie nicht“ war die Antwort. Erst mal schauen, dachte ich. Wer weiss was mir Hansjörg da aufhalsen will. Sie sassen an einem der Plastik-Tische und tranken Skol (Bier). Die hübschere der beiden bemerkte meinen Blick und machte eine eindeutige Bewegung mit der Hand mich zu ihnen zu setzen.
Nun gut dachte ich und ging rüber .. „Do you speak english?“ … natürlich nicht. Dafür hatte Sie ein umso bezauberndes Lächeln. Ihr Name war Adriella .. sie hatte lange schwarze Haare, samt-braune Haut und Beine bis zum Boden .. Der etwas breitere Gürtel (man nennt es glaub ich Minirock) war wie geschaffen für sie.
Und sie gab sich wirklich mühe meine Zeichensprache zu erwidern. Ich verstand, dass am Abend irgendwo ein Anlass statt fand und ich mitkommen solle. Klar ging ich mit .. keine Frage. Ich hatte jetzt ja einen Dictionario .. Lächeln und Däumchen hoch!
Der Abend war toll. Viel Skol, Whiskey-Cola, Caipirinha. Dröhnende Musik, Tanzen und jede Menge Leute. An das Anstarren hatte ich mich bereits gewöhnt und das „tu“ und „bo“ ging in ein „tudo bom?“ (alles klar?) über. Lächeln und Däumchen hoch.
So gegen vier Uhr morgens und einigem Körperkontakt zu Adriella war der Anlass zu ende. Mein Versuch ihr klar zu machen, dass ich mich nun lieber zu Zweit mit ihr „unterhalten“ würde scheiterte jedoch kläglich. Wurde die denn nie müde? Wir gingen zu „Ver Adaou“ .. eine wirklich miese Spelunke. An einem kleinen Loch in der Wand bezahlte ich den Eintritt. 2 Reais für Damen und 5 Reais für Herren.
Dann ging es in den Keller. Der Duft von Zigaretten und Bier lag in der Luft. In der hinteren Ecke war eine kleinere Schlägerei im Gange aber es kümmerte sich eigentlich keiner gross darum. Etwas weiter vorne spielte eine Zweimann-Band mehr schlecht als recht vor einer kleinen Tanzfläche. Der Boden war aus rauem Beton und den Typen die hier herum hängten wäre ich nachts alleine bestimmt ausgewichen.
Etwas mulmig war mir schon zumute .. aber mein Frischling-Gringo-Vertrauen und der knackfrische Hintern von Adriella zerstreuten meine Gedanken. Tanzen war wieder angesagt .. jedoch musste ich schnell einsehen, dass, auch wenn wir Europäer noch so viel üben, wir die Art von Tanz, der so genannte „Forro“, nie und nimmer beherrschen würden. Für die Art von Hüftschwung sind wir einfach nicht gebaut.
So gegen sieben Uhr morgens und der dritten Schlägerei sind wir wieder gegangen. Ich war schlapp und hatte ehrlich gesagt Zweifel ob ich es noch bringen würde ..
Wir gingen zu ihr nach Hause. Irgendwo in der Nachbarschaft krähte ein Hahn. Hunde bellten .. Nunja, es war nicht gerade meine beste Leistung aber in Anbetracht der langen Nacht auch nicht verwunderlich und ich war zufrieden. Ob sie es war weiss ich bis heute nicht.
Der Tag darauf war kurz. Statt Sonne und Papageien gab’s Kater und Kopfschmerztabletten. Die Nacht dagegen wurde lang .. ohne Musik und Tanz. Es gab keine Stellung die sie nicht schon kannte … und meine Güte, bekam die denn nie genug? Man(n) ist ja schliesslich keine Maschine! „Mais amor, mais .. mais uma vez“ .. Uff .. ich hätte doch noch eine Packung Viagra mitnehmen sollen.
Die weiteren Tage und Nächte verliefen ähnlich. „Ach, sieht man dich auch mal wieder“ meinte Hansjörg als er mir zufällig auf der Pousada über den Weg lief. „Nicht schlecht die Kleine“ grinste er mich an. Ich grinste zurück und hielt mein Däumchen hoch.
Der Tag der Abreise kam viel zu früh. Ein Tränchen von Adriella, ein letzter Kuss .. ein schweres Herz .. sollte es mich wirklich erwischt haben? „Mach dir keine Sorgen, das passiert jedem Gringo-Frischling“ meinte Hansjörg im Flugzeug. „Du wirst sie vergessen“. Vergessen? Wohl kaum .. in Gedanken hatte ich den nächsten Flug bereits gebucht.
Fortsetzung folgt ..
Comments